Das anstrengende Leben eines Fangirls
Es gibt sie nahezu überall. In jedem Land, in jeder Stadt.
Auch in deiner. Sie sind ein Phänomen der letzten fünfzig Jahre. Das erste Mal
auffällig auftretend bei den Beatles:
Die Fangirls.
Jeder rollt mit den Augen, wenn er dieses Wort hört. Denkt
an pubertierende, kreischende Mädchen, deren Zimmer vollgekleistert sind mit
Postern ihrer „Idole" und die nichts besseres zu tun haben, als sich an dem Leben ihnen doch eigentlich fremder Menschen zu ergötzen.
Niemand denkt dabei an die harte Realität. Den Stress, die
emotionale Folter, durch die Fangirls durch müssen.
Vor allem zu Zeiten der Digitalisierung ist Fangirl sein ein
Vollzeitjob. Jeden Tag, ja eigentlich jede Stunde müssen soziale Netzwerke wie
Twitter, Instagram, Facebook, Tumblr und Co. gecheckt werden, damit einem keine
Neuigkeiten entgehen. Und wenn man dann einige Tage kein Internet hat, kommt
diese Nervosität dazu: „Hoffentlich passiert nichts aufregendes, an dem ich
nicht teilhaben kann! Ich hoffe ich verliere nicht zu viele Follower! Man
könnte eventuell denken, ich wäre nicht engagiert genug oder würde meine Idole
nicht richtig lieben!“. Diese Gedanken beherrschen einen den ganzen
internetlosen Tag. Und kaum ist man wieder online, geht es ans aufholen von
neuen Trends oder Skandalen in der Fangemeinschaft.
Skandale. Auch so eine Geschichte für sich. Nahezu jeder Tag
ist geprägt von ihnen. Werden keine neuen Dramen von der Presse verkündet, so
erfindet sicherlich einer der Fans welche. Und wenn dann doch mal nichts los
ist, geht es an die eigentliche Arbeit online: Aufmerksamkeit scheffeln.
Möglichst viele Liebesgeständnisse an das Idol versenden – natürlich jedes Mal
darum bittend, ja fast schon flehend, dass dieser einem doch bitte, bitte folgen möge:
„I LOVE U!!! FOLLOW ME PLEASE! IT WOULD
MEAN THE WORLD TO ME!1!!1“. Denn dies wäre DIE Bestätigung, nach der man sich
die ganze Zeit so verzerrt. Dies wäre der einzig wahre Beweis dafür, dass das
Idol einen zurückliebt.
Aber natürlich läuft das Leben ja nicht nur online ab.
Offline muss man mindestens genau so sehr klar machen, wie sehr man auf sein
Idol steht. Das heißt eine ständige Balance zwischen Online- und Offlinewelt, in der so mancher sein Gleichgewicht verliert. Es geht darum, so viele Poster,
Artikel, T-Shirts, Federmäppchen, Sticker und diversen anderen Merchandise wie
möglich zu besitzen. Heißt: Je mehr künstlich zu einem Lächeln aufgesetzte
Gesichter einen aus allen Perspektiven anstarren, desto besser.
Und ist der Brecher seines Herzens auch noch ein Sänger, so
muss natürlich jedes Album gekauft werden –und jedes existierende Lied
auswendig gelernt sein. Sonst ist man kein treuer Fan. Am besten sind natürlich
auch noch diverse Konzerttickets. Wer von sich behaupten kann, sein Idol schon
einmal live gesehen, oder sogar berührt zu haben, der hat es echt weit
gebracht. Doch wer hat schon das Geld dafür? Also geht es einmal im Jahr, wenn
gerade ein Konzert in der Nähe stattfindet, ans große Jammern.
Und der schlimmste und nervenaufreibendste Teil am
Fangirl-Dasein: Die ständige Angst, sein Idol könne mit seiner Karriere
aufhören, oder – noch viel schlimmer!!- der Beziehungsstatus könne sich ändern.
Tag und Nacht muss man sich Sorgen machen, dass das Idol jemanden kennenlernt.
Sich vielleicht sogar in ihn VERLIEBT. Das wäre tatsächlich der Weltuntergang.
Denn außer einem selbst darf es einfach niemand Anders geben. Immerhin widmet man
seinen ganzen Tag, wenn nicht sein ganzes Leben, nur dem Idol.
Man sieht also, das Leben eines Fangirls ist viel anstrengender als viele denken. Das geht nicht nur auf die Stimmbänder sondern ist quasi ein 24/7 Job - ohne Bezahlung. Und dennoch mit so viel Enthusiasmus dabei zu sein - das können nur richtige Fangirls von sich behaupten.
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