Omnipräsente Angst



In etwas weniger als zwei Monaten fahre ich nach Paris. Und zwar im Rahmen der obligatorischen Studienfahrt. Paris… Klingeln da irgendwelche Glocken? Bei fünf Personen und deren Eltern aus der Fahrtgruppe nämlich schon. „Terror“ ist das Stichwort. Es ist jenes Wort, welches sie als Begründung für ihre Absage zur Studienfahrt angegeben haben. Und es ist jenes Wort, das zurzeit in aller Munde ist.
„Ich überprüfe mehrmals am Tag die Nachrichten, um zu schauen, ob noch etwas passiert ist“. Das hat mir eine Freundin gestern Abend gebeichtet. Sie fährt auch mit nach Paris. Und ihre Mutter hat auch Angst. Vor Terrorismus.
Schaut man sich die Schlagzeilen aller möglichen (mitteleuropäischen) Zeitschriften in den letzten Monaten an, so stößt man sehr oft auf das Wort Terror. Hinzu kommen Wörter wie „Krieg“, „Gefahr“, „Alarm“ oder „Angst“. Da ist es kein Wunder, dass sich gemischte Gefühle bei vielen Menschen breit machen
Auch ich habe zugegebenermaßen Momente, in denen mir sehr bewusst ist, in welcher Umgebung ich mich befinde und Szenarien schleichen sich in meinen Kopf, die ich am liebsten immer wieder ganz schnell in die hintersten Winkel verdränge.
Denn es ist ganz klar, dass es sich um eine subjektive Angst handelt, die mich umtreibt. Die vergangenen Anschläge waren natürlich alle schrecklich und erregen gerade deswegen so sehr die Gemüter. Und es kann passieren, dass ich mich irgendwann zufälligerweise zur falschen Zeit am falschen Ort befinde. Aber die Wahrscheinlichkeit ist gering. Sehr gering. Und wenn ich eines in Mathe gelernt habe, dann ist es, dass es sich nicht lohnt, für 0,00irgendwas Prozent in Panik zu verfallen. Deshalb will ich das auch nicht tun.

Außerdem wäre da noch etwas… Denn meine schon erwähnt Freundin hat mir an jenem Abend noch etwas gesagt. Und zwar, dass sie „zwar total dafür ist, Flüchtlinge zu unterstützen“, aber sie fände, dass es viel mehr Kontrollen an den Grenzen Deutschlands geben sollte.
Auch eine Mitschülerin erzählte letztens, dass ihre Oma sich ganz unwohl fühle, „bei all den Flüchtlingen, die ins Land kommen“.
Ja. Jetzt haben sie sich herauskristallisiert. Die Menschen, vor denen man also Angst haben soll. In der Geschichte der Menschheit hat es immer wieder Gruppierungen gegeben, die kollektiv als gefährlich eingestuft wurden.
Jetzt rücken immer mehr ausgerechnet die Menschen ins Rampenlicht, die doch vor Gefahr, Misere und Furcht fliehen, um in Frieden leben zu können. Und dass sogar eine junge Frau, die ich als sehr offen und tolerant zu schätzen gelernt habe, sich von diesen Ängsten leiten lässt – genau das macht mir Angst.
Denn, ja, in den letzten Wochen haben Menschen, die den Status des „Flüchtlings“ tragen, Schlagzeilen gemacht, weil sie versucht haben, Menschen umzubringen. Ganz abgesehen von dem Fakt, dass diese Menschen schon länger in Deutschland sind, also vor der von vielen Nachrichtenagenturen so genannten „Welle“ hier Asyl beantragten, machen diese Menschen einen sehr kleinen Anteil der Flüchtlinge aus.
Und nun eine Kollektivschuld zu verhängen, also anderen Menschen hier Zuflucht zu verweigern oder den ohnehin schon langwierigen Prozess noch weiter in die Länge zu ziehen, weil ganz wenige, die unter denselben Status fallen, sich radikalisiert haben, das ist keine Lösung.  Die Geschichte beweist, dass es keine Lösung ist und ein gesunder Verstand sollte dies auch tun.
Was auch sehr gerne vergessen wird: Rechtsextreme Gewalt geschieht viel öfter und kontinuierlicher. Das zeigt ein ganz zaghafter Blick auf die Seiten „Mut Gegen Rechte Gewalt“ und „Netz Gegen Nazis“, die Pressemitteilungen sammeln. Dort werden fast tägliche verbale oder körperliche Angriffe auf Geflüchtete festgehalten.
Diese Vorfälle werden bloß in großen Presseagenturen, wie der Tagesschau, nur sehr selten abgedeckt. Stattdessen werden Sondersendungen eingerichtet, die dann eine halbe Stunde über Islamismus berichten. Denn davon sind schließlich auch deutsche Bürger*innen bedroht, während von rechtsextremer Gewalt nur Flüchtlinge, Menschen die irgendeinen "Migrationshintergrund" haben und in Ausnahmefällen auch mal linkspolitische Aktivist*innen betroffen sind…

 ***
Was sind so deine Gedanken und Erlebnisse zurzeit?

Kommentare

  1. ich danke dir für den post - ich finde es so wichtig und gut, dass auch in der bloggerwelt über geflüchtete / politik im allgemeinen geschrieben wird :)

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    1. Auf jeden Fall. Es kann sich eben nicht immer alles um hübsche Landschaften, das neue Outfit und leckeres Essen drehen (um die Bloggerwelt mal ganz karikaturistisch darzustellen).
      xxx

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