Das Märchen von Hoffnung und Hass

Es war einmal eine junge Frau. Diese Frau war eine Kämpferin und eine Träumerin. Sie hatte schon früh eingesehen, dass die Welt, in der sie lebte, so wie sie zurzeit war nicht weiter bestehen konnte. So hatte sie angefangen, dafür zu arbeiten, die Welt zu verändern. Und sie arbeitete nicht nur an den Problemen, sondern und vor allem auch an sich. Sie passte ihren Lebensstil, ihre Eigenarten aber auch ihre Gedankengänge an ihr Ziel an, die Welt besser zu machen. 
Und so schaffte sie es irgendwann, sich in dem Sinne ihrer Vorsätze zu vervollständigen. Nun aß sie nichts mehr, was in irgendeiner Weise schädlich sein könnte für sich und die Umwelt. Sie kaufte nur noch die schonendsten Produkte und auch sonst achtete sie vollständig auf ihren Umgang mit der Welt. 
Nun aber war ihr das nicht mehr genug. Sie wollte, dass ALLE ihre Ziele teilten und ALLE so lebten wie sie. Und diese Vorstellung war keine schlechte, denn sie würde definitiv zur dauerhaften Verbesserung der Erde beitragen. Doch bald schon begannen die Träume der Frau überhand zu nehmen und sie hatte keine Geduld mehr mit Menschen, die ihre Meinung nicht teilten. Sie begann, ihre Einstellung zu ändern. Statt weiterhin ihre Vorhaben und Ideale voller Zuversicht zu verbreiten und Menschen damit einzunehmen, einfach weil SIE selber davon so begeistert war, begann sie, sich auf diejenigen zu stürzen, die ihre Lebensweise (noch) nicht teilten. Und statt geduldig und freundlich mit ihnen umzugehen und sie so aufzuklären, verurteilte sie sie nun aufgrund ihres Verhaltens. 
Sie hatte eingesehen, dass sie mit Geduld nicht viel würde erreichen können und vor allem nicht in kurzer Zeit. Sie selbst sah sich nun als das Vorbild an, hatte sie sich doch schon vor langer Zeit umgestellt. Die Frau wollte nicht mehr verstehen, wieso andere ihren Lebensweg nicht folgten. Sie wollte nicht weiter rücksichtsvoll mit ihnen umgehen. Sie WOLLTE, dass sie sich änderten. Und so änderte ihre Einstellung sich, die einst voller Positivität und Lebensfreude war. Nun begann sie zu wettern. Und sie wetterte über jeden, der auch nur ein bisschen von ihrem Pfad abwich. Und das war schade. Denn ihre Grundidee, die war immer noch die gleich. Sie wollte eine bessere Welt und sie wollte dafür kämpfen. Aber nun war sie verschlossen gegenüber allem anderen und statt die Welt besser zu machen, statt motivierend zu sein und statt ihre Einsichten mit anderen auf gleicher Ebene zu teilen, die noch nicht darauf gekommen waren, stattdessen schaute sie auf diese hinab, ließ sie nicht an sich heran und verbarrikadierte sich in ihrem Kampf. Sie begann Hass zu entwickeln. Einen Hass, den sie vorher abgelehnt hatte, den sie aber nun als ihre einzige Möglichkeit ansah, Veränderungen in der Welt zu bewirken. Sie hatte ihre Zuversicht an ihre Mitmenschen verloren und war auch nicht gewillt, ihnen eine weitere Chance zu bieten...
...und wenn sie sich nicht verändert hat, so hasst sie noch heute.

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Ein kleines "Märchen" in Anlehnung an eine Frau auf Youtube, die leider kein Verständnis mehr aufbringen kann, für Menschen, die anders leben als sie, und deren Grundvorstellung doch so verständlich und eigentlich positiv ist. Nachdem ich mir den Text zum Korrekturlesen aber ein paar Mal angeschaut habe, ist mir aufgefallen, dass ich mich unter Umständen hier noch einmal kurz erklären sollte: Ich halte es für äußerst gerechtfertigt, frustriert zu sein, mit Menschen, denen eigene Werte und im Grund das Wohl dieser Welt aus oft egoistischen Gründen sehr egal ist. Und ich kann es auch verstehen, diesen Menschen nicht mit Verständnis und Sympathie zu begegnen. Aber allen Menschen, die nicht genauso denken oder handeln wie man selbst, grundsätzlich feindselig oder überheblich gegenüberzustehen, das kann ich nicht vertreten und davon handelt das Märchen. Weil das für mich schon Hass ist.


Kommentare

  1. Ein sehr sehr schöner Text.
    Ich weis zwar nicht um wen es sich handelt aber ich kann dir komplett zustimmen was den Inhalt angeht.

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    1. Vielen Dank :)
      Es geht um eine australische Youtuberin, die vegan lebt - was ich ja auch so unterschreiben kann - aber die Grenze zwischen Leute geradeheraus herunterzumachen und sich zu engagieren wohl nicht kennt. Mir ging es aber (gerade weil ich das ja auch kritisiere) nicht darum, eine bestimmte Person an den Pranger zu stellen, sondern die Problematik ihrer Vorgehensweise aufzuzeigen.
      xxx

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